
Der Wassermann (Aquarius) ist ein ausgedehntes, aber eher lichtschwaches Sternbild am Himmelsäquator und zählt zu den ältesten bekannten Sternbildern. Es liegt zwischen dem Steinbock (westlich) und den Fischen (östlich) in einer Himmelsregion, die schon in der Antike als „Meer des Himmels“ bezeichnet wurde.
Diese Region wird so genannt, weil sich dort viele wasserbezogene Sternbilder wie Wassermann, Fische, Walfisch und Eridanus versammeln.
(Der Name Eridanus stammt aus der griechischen Mythologie und bezeichnet ursprünglich einen mythischen Fluss, der durch die Welt fließt und sinnbildlich auch durch den Himmel.)
Der Wassermann liegt zwischen dem Steinbock (westlich) und den Fischen (östlich). Er ist von September bis November gut zu sehen. Seine hellsten Sterne sind Sadalmelik („der Glückliche des Königs“) und Sadalsuud („der Glücklichste der Glücklichen“) – beides gelblich leuchtende Riesensterne in rund 600 Lichtjahren Entfernung.
Das Sternbild des Wassermanns beherbergt mehrere Planetensysteme – darunter den berühmten TRAPPIST-1, ein Roter Zwergstern mit sieben erdgroßen Exoplaneten, von denen drei in der habitablen Zone liegen.
(Als Exoplaneten werden Planeten bezeichnet, die außerhalb unseres Sonnensystems einen anderen Stern umkreisen. Es sind ferne Welten, von denen manche der Erde erstaunlich ähnlich sein könnten.)
Astronomisch und astrologisch faszinierend ist, dass in diesem Sternbild der Frühlingspunkt zurzeit kurz davor steht vom Zeichen Fische in den Wassermann zu wandern. Dies markiert den Übergang in ein neues astrologisches Zeitalter – das oft zitierte „Wassermannzeitalter“.
Der Frühlingspunkt – auch Widderpunkt genannt – ist jener Punkt am Himmel, an dem die Sonne bei der Tag- und Nachtgleiche im März den Himmelsäquator von Süden nach Norden überquert – er markiert den Beginn des astrologischen Jahres bei 0° Widder. Doch durch die langsamen Schwankungen der Erdachse (die sogenannte Präzession) verschiebt sich dieser Punkt im Lauf von rund 26.000 Jahren rückwärts durch den Tierkreis. So befand sich der Frühlingspunkt früher im Widder, dann in den Fischen und wechselt nun allmählich in den Wassermann.
Mythologisch betrachtet ist der Wassermann ist in vielen Kulturen mit dem Motiv des Wasserbringers, Erneuerers und Lebensspenders verbunden. In der griechischen Mythologie wird das Sternbild oft mit Ganymed, dem schönsten aller Sterblichen, identifiziert.
Zeus entdeckte den jungen trojanischen Prinzen, entführte ihn in Gestalt eines Adlers auf den Olymp und machte ihn zum Schenk der Götter, der den Nektar der Unsterblichkeit einschenkt. Damit steht Ganymed für Jugend, Inspiration, geistige Erneuerung und den Austausch zwischen Himmel und Erde.
In anderen Traditionen symbolisiert der Wassermann das göttliche Prinzip der Reinigung: Wasser als Element des Übergangs – das Abwaschen des Alten, das Öffnen des Neuen. In Babylonien wurde der Wassermann als „Großer Mensch des Wassers“ verehrt, der den Nil oder Euphrat speiste, Sinnbild für den Kreislauf des Lebens.
Der Wassermann in der Astrologie
Klassische Deutung
Zeitraum: 21. Januar – 19. Februar
Element: Luft
Qualität: fix
Herrscherplanet: Uranus (modern) / Saturn (traditionell)
Polarität: männlich, aktiv
Kernbedeutungen:
Freiheit, Unabhängigkeit, Originalität
Erneuerung, Fortschritt, Vision
Gemeinschaft, Humanismus, Gleichheit
Bruch mit Traditionen, geistige Offenheit
Der Wassermann verkörpert nach C. G. Jung das archetypische Prinzip der Erneuerung – den Übergang zwischen Bewusstem und Kollektivem.
Er ist der Rebell und Erneuerer, aber auch ein Wundertäter, der aus höherem Wissen schöpft. Das ausgießende Wasser symbolisiert das Wasser des Bewusstseins, das alte Formen reinigt und neue Einsicht bringt.
Für Jung repräsentiert der Wassermann jenes Stadium, in dem das Individuum beginnt, über das Persönliche hinauszugehen – in Richtung des kollektiven Selbst. Hier öffnet sich das Bewusstsein für eine universelle Perspektive: Menschheit, Ganzheit, Geist. Diese Öffnung birgt jedoch auch Gefahr: Das „Überflutetwerden“ durch Ideen oder Entgrenzung, wenn das Ich nicht stark genug ist, um den Zustrom des Neuen zu integrieren.
Thomas Ring beschreibt den Wassermann als Prinzip des schöpferischen Geistes, der aus der Form (Steinbock) ins freie Denken übergeht. Während der Steinbock Ordnung und Struktur schafft, bringt der Wassermann Inspiration, Geist und Bewegung – er sprengt Grenzen, um das Bewusstsein zu erweitern.
Für Ring ist der Wassermann nicht nur der Denker oder Rebell, sondern der Mittler einer neuen Ordnung. Er symbolisiert die Fähigkeit, überindividuelle Kräfte zu empfangen und sie in soziale oder geistige Gestalt zu bringen. Der Mensch steht hier zwischen „alten Gesetzen“ und „neuem Bewusstsein“ – er wird zum Kanal für evolutionäre Ideen.
In seiner unreifen Form zeigt sich der Wassermann als intellektuelle Distanz, Rebellion um der Rebellion willen oder emotional distanziert.
In seiner reifen Form jedoch steht er hingegen für geistige Freiheit, Klarheit im Denken, Verwurzelung im Herzen und schöpferische Verantwortung und Mitgestaltung einer neuen, menschlicheren Zukunft.
Der Wassermann ist der Träger des lebendigen Geistes – er erinnert uns daran, dass wahre Freiheit nicht im Bruch mit der Welt liegt, sondern in der bewussten Verbindung mit ihr.
Im Horoskop zeigt er, wo wir unkonventionell denken, uns für das Kollektiv einsetzen – und wo wir lernen dürfen, Freiheit mit Verantwortung zu verbinden.