
Die Venus ist der erdnächste Planet, aber alles andere als „erdähnlich“, denn ihre physikalische Realität gleicht eher eine feurigen, unzähmbaren Naturgewalt.
Als einziger Planet ist sie nach einer weiblichen Gottheit benannt und wurde in vielen Kulturen mit Schönheit, Fruchtbarkeit und Weiblichkeit assoziiert. Nach Sonne und Mond ist die Venus das hellste natürliche Objekt am irdischen Himmel. Als „Morgenstern“ oder „Abendstern“ wurde sie schon in der Antike verehrt – dabei ist sie nie weit von der Sonne entfernt sichtbar.
Obwohl Venus fast genauso groß ist wie die Erde (nur ca. 5 % kleiner im Durchmesser) und in der Nähe unserer Umlaufbahn liegt, herrschen dort extreme Bedingungen: Temperaturen um 465 °C, eine dichte Atmosphäre aus Kohlendioxid und Schwefelsäurewolken machen sie zu einem lebensfeindlichen Ort.
Sie dreht sich entgegengesetzt zu den meisten anderen Planeten – auf der Venus geht die Sonne im Westen auf und im Osten unter. Diese sogenannte retrograde Rotation ist selten und bis heute nicht vollständig geklärt.
Auf der Venus ist ein Tag ist länger als ein Jahr. Sie braucht 243 Erdtage für eine Umdrehung um die eigene Achse, aber nur 225 Erdtage für einen Umlauf um die Sonne. Das bedeutet: Ein Tag auf Venus ist länger als ihr Jahr.
Ihre Atmosphäre ist so dicht, dass der Druck an der Oberfläche dem einer Tiefe von 900 Metern unter dem Meer auf der Erde entspricht. Das ist etwa 90 mal so hoch wie auf Meereshöhe bei uns.
Die Venus ist vollständig in dichte Wolken gehüllt – diese bestehen nicht aus Wasserdampf, sondern aus Schwefelsäure-Tröpfchen. Sie verursachen nicht nur extreme Treibhauseffekte, sondern reflektieren das Sonnenlicht auch sehr stark – daher der helle Glanz der Venus.
Die Venus zeigt tausende Vulkanstrukturen – mehr als jeder andere Planet. Lange Zeit dachte man, sie seien inaktiv, aber neue Daten deuten darauf hin, dass es vielleicht doch noch aktiven Vulkanismus gibt.
Sie besitzt weder natürliche Satelliten noch ein nennenswertes Magnetfeld. Warum? Das ist nach wie vor eines der ungelösten Rätsel der Planetenforschung.
Die Venus in der Astrologie
In der klassischen Astrologie ist die Venus das Symbol für alles, was verbindet, anzieht und harmonisiert. Sie steht für Liebe, Partnerschaft, Schönheit, Ästhetik, Sinnlichkeit, Genuss, Werte und die Fähigkeit, Freude am Leben zu empfinden.
Im Horoskop zeigt die Venus, was uns gefällt und was wir begehren – aber auch, wie wir mit anderen in Beziehung treten und was wir als wertvoll empfinden.
Sie beschreibt sowohl unser Bindungsverhalten als auch unseren Geschmack, unsere künstlerische Ausdrucksweise und den Sinn für das Schöne im Leben.
Klassische astrologische Zuordnungen:
Element: Erde (in Stier) / Luft (in Waage)
Qualität: Fix (Stier) / Kardinal (Waage)
Herrscherzeichen: Stier (körperlich, sinnlich), Waage (ästhetisch, beziehungsorientiert)
Körperbezug: Nieren, Haut, Hals, weibliche Sexualorgane
Lebensbereich: Liebe, Partnerschaft, Kunst, Schönheit, Werte, Besitz, Selbstwert
Tageszeit: Dämmerung, Übergang (Morgenstern und Abendstern)
Symbolisch ist die Venus:
Die Liebende und die Geliebte
Die Künstlerin, die Schönheit aus dem Inneren schafft
Die Versöhnende, die Gegensätze in Beziehung bringt
Die Göttin, die sich nicht aufzwingt, sondern durch Anziehung wirkt
Die Venus in der tiefenpsychologischen Astrologie nach C.G. Jung
Für den Psychoanalytiker Jung ist Venus nicht nur die „Liebesgöttin“, sondern ein archetypisches Prinzip: Sie verkörpert das Anima-Prinzip, das innere Weibliche – nicht nur bei der Frau, sondern auch im Unbewussten des Mannes.
Die Venus repräsentiert das, was uns bewegt, ohne dass wir es wollen – sie zieht an, macht empfänglich, berührt. Sie wirkt nicht über den Willen, sondern über Resonanz, Harmonie und Gefühl.
Im Archetypus der Venus spiegeln sich die Anima-Figur im Mann (Ideale, Sehnsucht, Projektion), die Fähigkeit zur Hingabe, Verbundenheit und Zärtlichkeit, das Bedürfnis, durch Schönheit und Liebe einen inneren Sinn zu erleben sowie der Wunsch nach Wert-Erfahrung – was macht das Leben wirklich wertvoll?
Venus bedeutet die Sehnsucht nach emotionaler Ganzheit, nach dem Anderen, das uns berührt und heilt. Sie führt zu einem tieferen Verständnis von Beziehung als seelischem Raum, nicht nur als äußeres Zusammensein.
Die Venus im Verständnis von Thomas Ring
Auch in der tiefenpsychologischen Deutung von Ring ist die Venus – ähnlich wie bei Freud – nicht allein das Prinzip der Liebe, sondern Ausdruck einer fundamentalen inneren Fähigkeit: der Resonanz. Sie beschreibt jene seelische Qualität, durch die der Mensch in Wert-Erfahrung tritt – mit sich selbst, mit dem Du, mit der Welt.
Ring betont: Venus ist nicht gleich „Liebe“ – sie ist die seelische Kraft, die es ermöglicht, sich wertvoll zu erleben. In ihrer erlösten Form ist sie die tiefe Bejahung des Eigenen und der Fähigkeit, anderen Raum zu geben.
In ihrer unerlösten Form bedeutet sie die Abhängigkeit davon, gemocht zu werden, und eine Projektion auf äußere Schönheit, als Suche nach Wert im Außen.
Für Ring ist Venus das Maß, durch das wir das Leben als stimmig oder unstimmig empfinden, der Spiegel des inneren Selbstwertgefühls und der seelische Raum, in dem der Mensch sich als liebenswert oder unwert erlebt und empfindet.
Sie steht für das innere Maß des Herzens, das nicht rational ist, sondern empfindend. Die Entwicklung der Venus bedeutet zu lernen, was uns wirklich wertvoll ist – und was wir in Liebe geben können, ohne uns zu verlieren.
Die Venus zeigt im Horoskop, wo das Herz berührt werden will, wo sich das Leben schön anfühlen soll – und wo wir lernen dürfen, uns selbst mit offenen Armen zu empfangen.