Die Jungfrau in der Astronomie und Astrologie

Als zweitgrößtes Sternbild (nach Hydra) liegt die Jungfrau am Himmelsäquator und ist in unseren Breiten im Frühling und Sommer gut sichtbar.
Ihr Hauptstern ist Spica (α Virginis), ein bläulich-weißer Riesenstern, der rund 250 Lichtjahre entfernt liegt. Der Name bedeutet „Ähre“ – dargestellt in der Hand der Jungfrau.

Astronomisch besonders spannend ist der Virgo-Galaxienhaufen mit über 1.000 Galaxien, darunter M87, eine Riesengalaxie mit einem supermassereichen Schwarzen Loch.
Spica markiert zusammen mit Arktur (Bärenhüter) und Regulus (Löwe) den sogenannten „Frühlingsbogen“. Aus astronomischer Sicht durchläuft die Sonne das Sternbild von ca. Mitte September bis Ende Oktober.

In der griechischen Mythologie wird die Jungfrau mit Demeter, der Göttin des Ackerbaus und Fruchtbarkeit gleichgesetzt, oder mit ihrer Tochter Persephone, die von Hades in die Unterwelt entführt wurde: ihr jährlicher Wechsel zwischen Oberwelt und Unterwelt erklärt so den Rhythmus der Jahreszeiten.

In anderen griechisch-mythologischen Traditionen ist die Jungfrau die Himmelsgöttin Astraia („die Sternenklare“) – eine jungfräuliche Göttin der Gerechtigkeit und Tochter des Zeus und der Themis. In der goldenen Urzeit herrschte noch Harmonie: Die Menschen kannten weder Krieg noch Habgier, sie lebten in Einfachheit und Einklang mit der Natur. Astraia wanderte unter ihnen und brachte ihnen Maß und Ordnung, sie war ein freundlicher Geist, der mit hellem Glanz die Welt erleuchtete.
Doch mit dem Übergang ins ‚eiserne Zeitalter‘ verdunkelte sich die Welt. Die Menschen wurden streitsüchtig, begannen zu lügen, zu rauben und sich gegenseitig zu bekriegen. Einer nach dem anderen zogen sich die Götter enttäuscht vom Erdboden zurück.
Astraia aber blieb länger als alle anderen. Sie wollte die Menschheit nicht aufgeben, in der Hoffnung, dass sie zur Güte zurückfinden möge. Doch schließlich konnte auch sie das wachsende Elend nicht mehr ertragen und stieg mit schwerem Herzen in den Himmel empor.

Die Jungfrau ist somit Symbol für Ernte, Reinheit, Übergang und kosmische Ordnung.

Die Jungfrau in der Astrologie

Zeitraum: 23. August – 23. September
Element: Erde
Qualität: veränderlich
Herrscherplanet: Merkur (praktische Vernunft, analytische Fähigkeit)
Polarität: weiblich, empfangend

Kernbedeutungen:
Ordnung, Analyse, Differenzierung
Fleiß, Dienst, praktische Vernunft
Körperbewusstsein, Gesundheit, Heilung
Bescheidenheit, Reinheit, Perfektionismus

Im Horoskop zeigt die Jungfrau, wo wir unterscheiden lernen, wo wir ordnen, verbessern und uns in den Dienst stellen – und wie wir durch Achtsamkeit wachsen.

In C. G. Jungs tiefenpsychologischer Astrologie verkörpert die Jungfrau das archetypische Anima-Prinzip (das Weibliche im Inneren) in seiner reinen, unberührten Form.
Sie steht für das Unbewusste, das zur bewussten Form werden will – für Reinheit, aber auch für Askese und Selbstbeschränkung. Psychologisch gesehen bezeichnet sie den Weg der Integration durch Bewusstwerdung von Schatten und inneren Widersprüchen.

Thomas Ring sah in der Jungfrau das Prinzip der Gestaltung des Alltags und der Realität.
Während der Löwe im Licht der Selbstentfaltung steht, prüft, sortiert und verbessert die Jungfrau.
Psychologisch gesehen steht sie für die Bewusstheit des Verhältnisses von Geist und Körper, von Arbeit und Sinn.

Ihre Schattenseiten sind Überkritik, pedantische Enge und Selbstverleugnung, während sie in ihrer reifen Seite die „kosmische Helferin“ mit Hingabe an das Wesentliche ist, die heilsam dient.

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